Rechte und Pflichten im Mehrfamilienhaus

Von einem Mehrfamilienhaus (Kondominium) spricht man dann, wenn sich mehrere Wohnungen mit verschiedenen Besitzern unter einem Dach befinden. Das Zivilgesetzbuch sieht vor, dass bei mehr als vier Besitzern ein Verwalter ernannt werden muss.

Wer kann die Aufgabe eines Verwalters übernehmen?

Die Rolle eines Verwalters kann jeder ausüben, auch einer der Bewohner und ohne dass dieser in ein Berufsalbum eingetragen ist. Die Aufgaben des Verwalters sind folgende:
eine Steuernummer für das Kondominium anfordern, ein Kontokorrent lautend auf das Kondominium eröffnen, Buch über die Ausgaben und Einnahmen führen, jährlich einen Haushaltsvoranschlag und eine Bilanz erstellen, die Beiträge für die Gemeinschaftsspesen eintreiben, mindestens einmal im Jahr eine Vollversammlung einberufen, die Beschlüsse dieser Vollversammlung umsetzen und die jährliche Steuererklärung einreichen.
Der Verwalter wird jährlich bestellt, entweder durch Neuwahl oder Bestätigung und zwar durch mehrheitlichen Beschluß der Vollversammlung, wobei die Mehrheit mindestens die Hälfte des Eigentumswertes ausmachen muss.
Es gibt keine Berufsalben, noch bindende Tarife für die Arbeit der Verwalter. Nur Wirtschaftsberater, Ragionieri und Periti, die in den entsprechenden Kammern eingetragen sind, dürfen die Tarife der eigenen Kategorie anwenden, sofern sie den Miteigentümern bekannt sind.

Jede/r Eigentümer/in hat das Recht auf Benützung der Gemeinschaftsanteile (Treppen, Höfe, Gärten) ohne jedoch diese Zweck zu entfremden oder für die anderen unbenutzbar zu machen. Jede/r Miteigentümer/in muß außerdem für die Kosten der Gemeinschaftsanteile aufkommen, auch wenn er/sie diese nicht benützt. Die Beschlüsse der MEHRHEIT sind zu respektieren.

Gibt es ein Gesetz über das Zusammenleben in Mehrfamilienhäusern?

Die HAUSORDNUNG legt die Regeln für das Zusammenleben in einem Mehrfamilienhaus fest. Diese Regeln sind für alle BewohnerInnen bindend, vor allem für jene Bereiche, die vom Gesetz nicht abgedeckt sind.
Die Hausordnung wird von der Vollversammlung mit einfacher Mehrheit (500 Tausendstel) oder mit Einstimmigkeit (falls eine vetraglich bindende Hausordnung sein muss) beschlossen.

Vielfach geben Hausordnungen Anlaß zu Klagen vor Gericht. Im Zweifel ist es daher angebracht, sich vor Einbringung eines umstrittenen Punktes die Rechtssprechung anzuschauen, besonders die Urteile des Kassationsgerichtshofes.

Meine Kondominiumspesen sind höher, als die des Nachbarn. Warum?

Die Besitzanteile an einem Mehrfamilienhaus werden immer in Tausendsteln (millesimi) angegeben.
Alle Spesen werden auf der Basis dieser Besitzanteile berechnet. Weil aber die Tausendstel nicht nur von der Größe, sondern auch
  • von der Lage,
  • von der Nutzung und
  • von der Zugänglichkeit (ebenerdig, fünfter Stock ohne Aufzug, ...)
der Besitzanteile abhängt, kann es passieren, dass für zwei Wohnungen gleicher Größe unterschiedliche Besitzanteile verrechnet werden.


Wie kommen die Mehrheiten in der Vollversammlung zustande?


Das Zivilgesetzbuch sieht für die Kondominiumsversammlungen unterschiedliche Mehrheiten vor. Die Unterschiede hängen einerseits von den zu behandelnden Themen, andererseits von der Modalität der Einberufung ab. Bis auf wenige Ausnahmen braucht es für die sogenannte zweite Einberufung geringere Mehrheiten. Aus diesem Grund veranlassen die Verwalter normalerweise eine erste Einberufung „pro forma“ - etwa um Mitternacht . Die Einladung zur ersten Einberufung muss zumindest fünf Tage vor dem Einberufungstermin erfolgen und an alle Miteigentümer gehen.
Auf diese erste „Pro forma“ - Einberufung folgt dann eine zweite Einberufung, die zumindest einen Tag und nicht mehr als zehn Tage nach der ersten erfolgen muss.

In der Einladung zur Vollversammlung muss die Tagesordnung aufscheinen. Auf diese Weise können sich die Miteigentümer auf die Versammlung vorbereiten und entscheiden, ob und wen sie eventuell (mittels schriftlicher Vollmacht) delegieren wollen.

Einige Regeln für die notwendigen Mehrheiten in der zweiten Einberufung:
  • Ernennung oder Absetzung des Verwalters:
1/2 der Anwesenden (mindestens 1/3 der gesamten Eigentümer)
mindestens 500 Tausendstel
  • Vergütung für den Verwalter:
1/3 der Eigentümer,
mindestens 334 Tausendstel
  • Genehmigung des Haushaltsvoranschlages und des Haushaltes:
1/3 der Eigentümer,
mindestens 334 Tausendstel
  • Ordentliche Instandhaltung:
mindestens 334 Tausendstel
  • Außerordentliche Instandhaltung:
mindestens 500 Tausendstel
  • Veränderungen, welche die Nutzung der Gemeinschaftsanteile auch nur eines einzigen Miteigentümers schmälern:
Einstimmigkeit
  • Veränderungen zur besseren Nutzung der Gemeinschaftsanteile:
1/2+1 Miteigentümer,
mindestens 667 Tausendstel
  • Umstellung von Zentralheizung auf autonome Heizung:
501 Tausendstel

Was tun, wenn…

... der Verwalter seit mehr als 15 Monaten keine Vollversammlung einberuft?
In diesem Fall ist zu überlegen, ob man den Verwalter absetzen soll. Wenn sich die Sache über zwei Jahre hinzieht und die Versammlung keine Entscheidung trifft, dann kann sich auch ein einzelner Miteigentümer an den Richter wenden und die Einsetzung eines kommissarischen Verwalters verlangen.

... man in Rechnungen, und Verträge die das gesamte Mehrfamilienhaus betreffen, Einsicht nehmen will?
Hier ist sich auch die Rechtssprechung nicht ganz einig. Es ist aber in der Regel so, dass man dem einzelnen Miteigentümer fünf Tage vor Einberufung der Vollversammlung Einsicht in die Unterlagen des Kondominiums gewährt.

... man einen Beschluß der Vollversammlung anfechten will?
Es kommt auf den Beschluß an: es gibt Beschlüsse, die wegen Formfehlern nichtig sind (mangelnde Beschlußfähigkeit, Themen, die nicht auf der Tagesordnung waren, Miteigentümer wurden nicht eingeladen).
Dann gibt es Beschlüsse, die annullierbar sind, weil sie dem Gesetz oder der Kondominiumsordnung widersprechen. Diese müssen innerhalb von 30 Tagen nach der Vollversammlung (falls man anwesend war) oder von 30 Tage nach Erhalt des Sitzungsprotokolls (falls man nicht anwesend war) angefochten werden.
Auch die nichtigen Beschlüsse müssen vom Richter annulliert werden. Dafür gibt es keine Verfallsfrist.

Infoblatt: WA45
Stand: 11/02